Weiße Pracht

Text und Fotos: Richard Kienberger

Es wäre einmal interessant zu erfahren, in welchem Umfang die wintersportbegeisterten Landkreisbürger zu den Umsätzen der weißen Tourismusindustrie beitragen. In Summe dürfte da ein stattlicher Betrag herauskommen. Weil aber die Bandbreite zwischen organisiertem Wintertourismus, privaten Schneeferien oder dem schnellen Wochenendtrip zu irgendeinem Skilift ein weites Feld ist, lässt sich darüber keine fundierte Aussage machen. Fest steht nur so viel:

Der Wintersport hat eine große Tradition im Landkreis.

Ohne spekulieren zu müssen, lässt sich das zum Beispiel an den Busflotten erkennen, die an Winterwochenenden begeisterte Ski- und Snowboardfahrer in ihre bevorzugten Reviere in den Alpen bringen. Die Pfaffenhofener Naturfreunde, die seit Jahrzehnten Skikurse und -fahrten für ihre Mitglieder und andere Interessenten anbieten, rechnen wieder mit einem Schnitt von 400 Gästen an jedem der vier Kurs-Wochenenden – es ist immer wieder eine logistische Herausforderung, die dafür benötigte Busflotte effizient und entsprechend den Wünschen der Wintersportler zu organisieren.

Wintersport besteht aber nicht nur aus Aktivitäten in den nahen Alpen

oder gar in den fernen Rockies. Weil die Hallertau den großen Vorteil hat, eine Hügellandschaft zu sein, finden sich auch hier genügend Möglichkeiten, um in der kalten Jahreszeit ein paar Stunden aktiv im Freien zu verbringen. Wenn da nur nicht das Wetter wäre, das in den vergangenen Jahren des Öfteren „Probleme gemacht“ hat. Vor allem für die Stockschützen und Schlittschuhläufer waren die letzten Winter keine große Freude – sie brauchen eine richtige Kälteperiode, um eine Natureisfläche zentimeterdick gefrieren zu lassen. Vielleicht passt es ja in diesem Winter, sodass sich zum Beispiel die Kinder und Jugendlichen aus der Gegend um Hohenwart wieder in den Paarauen am nordwestlichen Ortsrand austoben können, wo die Feuerwehr zumindest für die Wasserfläche sorgt. Das Eis muss dann das Wetter machen, da können die Feuerwehrler beim besten Willen nicht mehr helfen.

Alles läuft

Hohenwarter oder Tegernbacher Wintersportfreunde haben in den letzten Jahren auch ein anderes Revier für sich entdeckt, das knapp jenseits der Landkreisgrenze liegt. Mittelpunkt ist sozusagen das Marterl, das an dessen früheren Standort an den abgerissenen Bauernhof von Hinterkaifeck erinnert, wo sich einer der berüchtigtsten und rätselhaftesten Mordfälle Bayerns abgespielt hat. Mag sein, dass die Erinnerung daran dem einen oder anderen Skifahrer einen leichten Schauer über den Rücken jagt – doch die sanften Wiesen rund um Gröbern sind zu einem viel besuchten Langlaufgebiet avanciert, das ausweislich der Kennzeichen der parkenden Autos auch von den Nachbarn aus dem Landkreis Pfaffenhofen gern besucht wird. An kalten, sonnigen Wintertagen braucht die Landschaft dort keinen Vergleich mit mancher Gebirgsregion zu scheuen, auch wenn die Loipen natürlich viel kürzer sind.

Aber für viele Langläufer hat es auch einen besonderen Reiz, nicht ausgetretenen Pfaden zu folgen, sondern sich selber eine Spur in den glitzernden Neuschnee zu treten.

In der Kreisstadt selbst hat der Schlittenberg auf der Weiberrast eine lange Tradition. Viele Pfaffenhofener, die heute an sonnigen Wintertagen mit ihren Enkelkindern auf die Weiberrast kommen, sind hier schon in ihrer Jugend Schlitten gefahren oder auf kurzen Brettln talwärts gerutscht. Sozusagen auf der anderen Seite gibt es die Buckel unterhalb des Kuglhofs, die allerdings inzwischen eine Viehweide sind und daher als Wintersportrevier ausgedient haben.

Alles läuft

Landschaftlich am reizvollsten ist vielleicht der Berg, auf dem die Wallfahrtskirche Herrenrast steht. Auch hier finden die Daheimgebliebenen einen idealen Schlittenbuckel, auf dem vor allem die Kinder jede Menge Spaß haben. Die Eltern können unterdessen den Blick hinüber Richtung Ilmmünster und über das Ilmtal genießen – oder sich, wenn die Sprösslinge schon groß genug sind, um alleine auszuschwärmen, zu Hause bei einer Tasse Kaffee an die eigenen Kinder- und Jugendjahre erinnern, als man nach einem Nachmittag mit Schlittenfahren, Schneeballschlacht oder Iglubauen müde und durchnässt, aber auch glücklich heimgestapft ist in die warme Stube.