Sound-Maschinen

Text: Julia Bähr | Fotos: Richard Kienberger

Das Traumauto von Gisela Gschwendtner steht im Hof. Ein Jaguar E-Type aus den Sechziger Jahren, langgezogen, geschwungen, sportlich und wunderschön. Leider gehört er einem Kunden. Aber wenn sie ihn nach dem Werkstattbesuch zum Besitzer zurückbringt, führt der Weg durch einen Tunnel – und dort klingt der Sound aus dem mittig angebrachten, vierfachen Auspuff besonders gut. Wenn sie selbst sich irgendwann so ein Auto zulegen würde, wäre Knallrot allerdings nicht die Farbe ihrer Wahl. „In einem zarten Zitronengelb war er im Original“, schwärmt sie.

Seit 1985 beschäftigen die Gschwendtners sich nun schon mit Oldtimern. Und wer durch ihre Werkstatt geht, merkt sofort:

Das ist eine emotionale Angelegenheit.

Alles fing an mit einem Kunden, der einen Porsche 356 brachte. Damals hatte das Paar bereits eine freie Werkstatt in der Innenstadt von Pfaffenhofen und engagierte sich vor allem im Motorsport. „Wir waren sehr erfolgreich, gerade bei Langstreckenrennen“, erzählt Gisela Gschwendtner. „In den Siebzigern haben wir drei Mal hintereinander das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring gewonnen.“ Sie und ihr Mann Franz saßen nicht selbst im Auto, sondern kümmerten sich um den Rennwagen, einen Porsche 911 RS. „Eine Rarität, von denen wurden damals nur 100 Stück gebaut. Heute ist vielleicht noch eine Handvoll im Original erhalten“, sinniert die 65-Jährige.

„Viele wurden leider an der Rennstrecke zerstört.“

Aus dieser Zeit hat Franz Gschwendtner viel gelernt. Beim Rennen musste er sich auf die Aussagen des Fahrers verlassen, was die Fehlersuche bei Defekten anging. Seither arbeitet er nach dem Ausschlussprinzip, wie er erklärt: Erst mal schauen, was alles noch funktioniert. Als die Rennen immer professioneller wurden und die Teams ohne einen großen Hersteller im Rücken chancenlos waren, zogen sich die Gschwendtners nach 13 Jahren mit dem Müller-Bräu-Team zurück. „Die Freundschaften aus unserer Motorsport-Zeit halten immer noch. So etwas gibt es heute an den Rennstrecken nicht mehr“, sagt Gschwendtner.

Im Rennsport sind die Einsätze höher geworden – aber für Oldtimer gilt das auch. „Die Anfragen zur Restauration werden immer mehr. Wir hatten schon früh Kunden aus München, aber jetzt hat sogar jemand aus Dänemark angerufen“, erzählt Gisela Gschwendtner und weist auf das Telefon in ihrem Autohaus an der Ingolstädter Straße. Dort bauten die beiden 1995, weil ihnen in der Innenstadt der Platz knapp wurde. „Die Polizei hat sich daran gestört, dass die Autos auf der Straße standen, und richtig schallisoliert war die Werkstatt damals auch nicht. Dabei lag das Krankenhaus direkt gegenüber.“

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Im neuen Haus haben die Autos genug Platz. Ein Kunde stellt dort in der kalten Jahreszeit seinen Porsche unter, weil er zu Hause zu wenig Platz hat. Gegenüber steht ein wunderschöner alter Triumph – schon seit vier Jahren. Edles Holz und geschwungene Formen bestimmen das Innenleben. Gschwendtner vermutet, dass er längst verkauft wäre, wenn sie ihn nicht nach der Restauration in der Originalfarbe lackiert hätten: einem eleganten Violett. „90 bis 95 % der Käufer sind Männer“, sagt sie. Dass die meisten Männer sich mit dieser Farbe nicht besonders wohlfühlen, liegt auf der Hand. Generell liege darauf allerdings nicht ihr Augenmerk:

„Frauen legen mehr Wert auf Optik und Farbe, Männer eher auf Technik und Geschwindigkeit.“

Der Triumph kann ruhig noch eine Weile dort stehen. Sein Wert bleibt mindestens stabil, wenn er nicht sogar ein bisschen steigt. Seit der Finanzkrise stellt Gisela Gschwendtner ein neu erwachtes Interesse an Oldtimern als Wertanlage fest. „Es ist eben eine Wertanlage, die auch noch Spaß macht – und im Gegensatz zu einer Immobilie kann auch ein Asiate einen Oldtimer kaufen, ausführen und selbst nutzen.“ Viele kaufen sich jetzt genau das Auto, von dem sie in ihrer Jugend geträumt haben, das sie sich aber damals nicht leisten konnten. „Einer unserer Kunden sucht gerade einen Käfer, genauso einen, wie sein erstes Auto war. Aber es sind auch ganz nüchterne Anleger unter den Käufern.“

Bei den Gschwendtners in der Werkstatt stehen derzeit vor allem Wagen der Oberklasse wie Porsche und Jaguar. Bei einem alten Opel Kadett lohnt sich eine professionelle Restauration eben kaum. Die meisten Kunden träumen sowieso von einer Edelkarosse.

In der Werkstatt stehen freigelegte Karosserien und Motoren umher.

Franz Gschwendtner betrachtet gerade einen Oldtimer von unten und überlässt gern seiner Frau das Reden. „Die Leute, die sich heute noch wirklich mit Oldtimern auskennen, sind wie mein Mann alle um die sechzig“, sagt sie. „Die Jüngeren interessieren sich zwar, aber so eine Restauration dauert mindestens ein Jahr – da braucht man auch Ausdauer.“ Für den Kfz-Mechaniker selbst allerdings fühlt sich das oft gar nicht nach Arbeit an. „Es macht so viel Spaß, das ist gar keine Belastung. Auch wenn ich mal zwölf Stunden in der Werkstatt bin. Bevor ich mich beim Fernsehen langweile, gehe ich lieber auch abends noch mal runter und schraube ein bisschen“, schwärmt er. Die Oldtimer stellen ihn vor ganz andere Herausforderungen als neue Autos, weil ihr Innenleben extrem vielfältig ist. „Heute kommt alles von denselben Zulieferern“, erklärt der Meister. „Da gibt es zwei große Stecker-Hersteller und deren Stecker sind in allen europäischen Autos verbaut. Früher haben die Autobauer noch viel selbst gemacht. Ein Franzose sieht unter der Haube ganz anders aus als ein Deutscher oder ein Engländer.“

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Eines Tages wird Gschwendtner sich mit seinem Fachwissen an ein ganz besonderes Auto machen.

Ein grasgrüner Porsche, der mit leichten Rostflecken ordentlich verpackt unter der Treppe steht. Das ist der dringend restaurationsbedürftige Oldtimer, den die beiden selbst einmal fahren wollen. „Aber das eigene Auto kommt eben immer zum Schluss dran“, seufzt Gisela Gschwendtner. Deshalb fahren die beiden Oldtimer-Spezialisten selbst noch kein nobles altmodisches Vehikel – und hoffen, dass ihr eigener Porsche bald fertig wird.