Durch die Nacht

Text: Sabrina Karmann  Fotos: Markus Rist

Eine neue Perspektive schadet nie, diese Weisheit zieht sich durch alle Lebensbereiche. Und nicht selten gewinnt man diese neue Perspektive durch einen Wechsel des Standorts. Von dort aus lässt sich dann das, was man hatte, aus der Distanz und einem neuen Blickwinkel betrachten.

Als ich kurz nach dem Abitur Pfaffenhofen verlassen habe, um in Essen zu studieren, hätte ich ohne Zögern um größere Summen gewettet, hier nie wieder herzukommen. Zu klein kam mir die Kreisstadt damals vor, nicht groß genug für meine Ambitionen und vor allem für die Sehnsucht nach mehr. Mehr Läden, mehr Kneipen, mehr Freunde, mehr Kultur, mehr Leben. Wenn man aus einer Stadt kommt, die nahe genug bei München liegt, um dorthin für den Job pendeln zu können, aber zu weit weg, um dort abends schnell ein Bier trinken zu gehen, arrangiert man sich zwar mit dem vorhandenen Angebot an Kneipen und Lokalen, schimpft aber gleichzeitig darüber. Vielleicht auch, um sich bewusst als jemand zu positionieren, der einfach mehr braucht. Man sehnt sich nach dem großen Angebot – ganz egal, ob man es dann tatsächlich nutzen würde. „Mir glangt, dass i woaß, dass i kannt, wenn i woin dad“, formuliert es Martina Schwarzmann. Und genau so ging es mir in Essen – allein das Vorhandensein der Möglichkeiten reichte mir zum Zufriedensein. Natürlich hatte ich auch dort innerhalb von wenigen Monaten meine Lieblingsplätze gefunden und die vielen Alternativen waren nur noch in der Theorie vorhanden. Heute, viele Jahre später, bin ich einer der klassischen „Zurückkehrer“, wohne wieder in Pfaffenhofen und verkehre in der Pfaffenhofener Kneipenszene, als wäre ich nie weggewesen. Einige Läden haben geschlossen, einige neue sind dazugekommen, insgesamt sind es wie schon zu meinen Jugendzeiten die berühmten Handvoll – und vielleicht genügt das ja auch völlig? Zeit für eine Bestandsaufnahme.

Meine erste Station ist die Centro-Bar.

Nostalgie. Denn damals (vor über fünfzehn Jahren) haben meine Freundinnen und ich dort – sicherlich nicht immer mit Wissen unserer Eltern – unser rotes Flügerl bestellt. Meine Präferenzen in Sachen Alkohol haben sich glücklicherweise geändert, doch die Centro zieht sich seit dem Flüggewerden bei vielen Pfaffenhofenern aus meiner Generation durchs Leben wie ein roter, erinnerungsgetränkter Faden. Wie viele Geburtstage, Fußballspiele, Faschingsdienstage, Marktsamstage und warme Sommernächte hat jeder von uns schon in und vor der Centro verbracht? Jeder der Stammgäste kennt die Geschichte von den Brüdern aus Italien, die aus einer normalen Kneipe die Bar mit dem italienischen Flair machten, die sie bis heute ist. Und das Konzept funktioniert nach wie vor:

Eine klassische Getränkekarte, im Sommer Pizza aus dem Steinofen und Amtssprache hinter der Theke ist selbstverständlich Italienisch. Bald wird der Sommer zu Ende gehen, aber da ich mit dem Genuss einer Weinschorle in der Sonne noch nicht abgeschlossen habe, bestelle ich mir nun eine. Standesgemäß in der Karaffe – so schmeckt sie einfach nochmal ein bisschen besser. Ich schaue mich um und ein Blick auf die anderen Gäste verrät mir, dass sich hier nicht viel verändert hat: Das Publikum ist bunt gemischt. Zwei Frauen besprechen den vergangenen Geschäftstermin lautstark bei einem Rotwein, ein 28. Geburtstag wird an den Stehtischen mit viel Bier gefeiert und an einem großen Tisch mit Jugendlichen sind nie alle Stühle gleichzeitig besetzt, da immer mindestens einer beim Rauchen ist. Meine Einschätzung der Alters- und Gruppenheterogenität bestätigt mir auch Josef, einer der netten Herren an der Bar, die sich seit über 20 Jahren in der Centro treffen. „Am Anfang sind wir hier rein, weil einfach alle hierher gegangen sind. Und dann sind wir hiergeblieben. Keiner wird hier blöd angeschaut, egal wie er aussieht oder was er macht.“ Wir lachen kurz, da wir beide an den Cowboy denken müssen, der seit einiger Zeit gerne ohne musikalische Untermalung den Moonwalk oder einen anderen Tanz von Michael Jackson in der Centro vollführt – ohne schiefe Blicke oder wertende Kommentare zu provozieren. „Der Leandro hat mal zu mir gesagt ,Weißt du Joschi, ich versteh des nicht. Alle Verrückten kommen zu uns!‘ “, erzählt er weiter und ich weiß genau, dass Leandro diese Aussage als Kompliment an die wunderbaren Paradiesvögel unter seinen Gästen gemeint hat. Hinter der Theke hängt ein großes Porträt von Leandro. Er fehlt allen hier, vermutlich sogar denen, die ihn nie kennenlernen durften. Er war einer der italienischen Brüder, die nach Pfaffenhofen kamen, um ein bisschen Dolce Vita in die Hopfengartengegend zu bringen. Und er ist viel zu früh wieder gegangen. Aber vergessen wird sein Lachen, seinen bayrisch-italienischen Akzent und die kleine Glaskanne, mit der er zu vorgerückter Stunde gerne mal Weißwein oder Prosecco direkt in die Münder der Gäste goss, keiner.

Um nicht sentimental zu werden, widme ich mich lieber der Frage, welches Getränk mein nächstes sein wird. Bea, die seit 16 Jahren Bestandteil des Teams ist, rät mir zum hochprozentigen Alleinstellungsmerkmal der Centro: Wodka Feuer. Den kenne ich leider zu gut, denn hinter dem ausdrucksstarken Namen verbirgt sich nichts anderes, als ein Stamperl Wodka, garniert mit einer Ananas und Rohrzucker, der durch – es ist keine Überraschung – Flambieren karamellisiert wird. Sicherlich keine kulinarisch ausgereifte Kreation, aber in einer geselligen Runde fühlt sich ein Wodka Feuer nach vier Bier häufig nach der besten Idee des Abends an. Immer und immer wieder. Jugendsünden. An die will ich diesmal nicht anknüpfen, ich verabschiede mich daher von den Damen hinter der Theke und wechsle – das ist das Schöne an einer Kneipentour durch die Kleinstadt – einfach nur die Straßenseite.

Man kann darüber streiten, ob es ein gutes oder schlechtes Zeichen ist, dass Bene schon anfängt ein Helles zu zapfen, als er mich durch die Tür des Salverbräus kommen sieht.

Ich setze mich zu meinem Bier an die Theke, und obwohl ich auf die Frage, ob er sich eigentlich bei sämtlichen Leuten das Lieblingsgetränk merkt, insgeheim auf ein „Nein“ hoffe, kenne ich die Antwort schon vorher. Pustekuchen Sonderstatus, Bene weiß einfach, dass es solche Kleinigkeiten sind, die den Gästen das Gefühl geben, gern gesehen zu sein. Im Laufe des Abends werde ich mich noch miteinigen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern hinter den Theken der Kreisstadt unterhalten und alle werden mir erzählen, wie sehr sie die Gäste wertschätzen und für ihren Beruf brennen. Vermutlich muss man das auch, sonst hält man das ja nicht lange aus: die Arbeitszeiten, den engen Kontakt mit den Besuchern, den Stress, das ewige Freundlichsein. Aber die Begeisterung, die – zum Teil ungefragt – aus Bene sprudelt, ist schon etwas ganz Besonderes. Er lebt und liebt seinen Job – da darf er, zumindest aus Sicht der Gäste, seinen Vorsatz zu studieren, gerne zugunsten des Salverbräus an den Nagel hängen. Wenn man Bene so zuhört, wie er vom Konzept des Ladens und vom Team erzählt, kann man kaum glauben, dass der Salverbräu in dieser Form erst seit Mai 2017 existiert. Schon lange gibt es in dem Gebäude mit der denkmalgeschützten, blauen Fassade eine Wirtschaft, doch erst durch die Sanierung und Neuausrichtung der Brauerei Müllerbräu kehrte wieder Leben ein an der U-förmigen Theke. Der Erhalt der prägnanten Kernelemente, gepaart mit einem modernen Konzept, ist es, was die Geschäftsführer Barbara und Christoph mit dem Slogan „Tradition & Fortschritt“ verdeutlichen wollen. Das Geschwisterpaar hat in der Pfaffenhofener Gastro-Szene schon lange einen Namen. Mit dem zentral, nur ein paar Schritte hinter dem Hauptplatz gelegenen Salverbräu verwirklichten sich die beiden dann einen lang gehegten Traum: Alt und Jung vereinen – mit Schweinsbraten und California-Burger, Altbayrisch Hell und Bavarian Craft Bock, Kartl-Runden und Fußballübertragung. Aber was will der Gast? Hat er sich für immer und ewig festgelegt oder freut er sich über einen Tipp, um Neues zu entdecken?„Wer anfängt, im Salverbräu zu arbeiten, bekommt eine kleine Schulung, um bessere Empfehlungen geben zu können. Unsere jungen Gäste sind immer offen für Neuheiten, probieren aus und lassen sich beraten. Bei den Älteren ist das manchmal schwieriger. Aber wenn man die richtigen Worte findet, kriegt man auch sie dazu, statt dem üblichen Weißbier mal den neuen Doppelbock zu trinken“, erzählt Bene, während er für eine Gruppe Stammgäste eine Runde Schnaps herrichtet.

Ein lautes Klirren unterbricht die Routine – einem Kellner ist ein Glas ausgekommen und auf dem Boden zerschellt. Die Reaktionen lassen nicht lange auf sich warten, die Kollegen johlen und kommentieren den Fauxpas mit feixenden Kommentaren oder „gratulieren“ schulterklopfend. Eigentlich wirken sie nicht wie Kollegen, sondern eher wie Freunde, die zufällig die gleichen grauen Leinenhemden tragen und hinter einer Theke stehen. Müsste er das Team des Salverbräus mit einem Wort beschreiben, wäre es „lebensfroh“, sagt Bene. Seine Kollegin Johanna, die bereits seit elf Jahren mit den Geschäftsführern zusammenarbeitet, bestätigt das und fügt noch ein „aktiv!“ dazu. Mit Ausrufezeichen. „Wir brauchen Action, es muss was los sein. Zu gemütlich find ich persönlich ja fad!“, sagt sie und geht weg, um einen Schnaps zu holen, den es nur hier zu trinken gibt und der den schrägen Namen „Affengeil“ trägt. Wir stoßen an und schon ist sie wieder weg, um die nächsten Bestellungen an einem Tisch aufzunehmen, hinter dem ein Radio aus den Fünfzigerjahren im Fenster steht. An den taubenblauen Wänden hängen Rahmen, aus denen Moos und Gräser wachsen, neben Lampen im angesagten Industrial Design und Schwarz-Weiß-Fotografien von früher. Den Bogen von Tradition zu Moderne haben sie auch optisch gut umgesetzt, man fühlt sich wohl hier im Salverbräu. Ich schmachte ein weiteres Mal kurz dem schwindenden Sommer hinterher, den ich im gemütlichen, kleinen Biergarten im Innenhof hätte ausklingen lassen können, wenn er nicht trotz des Bilderbuchwetters schon geschlossen hätte. Aber gut, dann eben nächstes Jahr wieder. Jetzt verlangt die Chronistenpflicht, ein paar Meter zu laufen und eine weitere Institution Pfaffenhofens zu inspizieren. Auf dem kurzen Weg kommen mir etliche Leute in den Sinn, mit denen ich so viele unvergessliche Abende im PAFs verbracht habe. Sicherlich werde ich den einen oder die andere heute wiedertreffen.

Das beeindruckende Repertoire von knapp 70 Longdrinks und Cocktails, gemixt aus größtenteils bekannten Spirituosen trifft meinerseits auf mangelnde Entscheidungsfreude.

Hilft nichts, Barkeeper Andi muss seine Arbeit kurzzeitig unterbrechen, um mir bei der Wahl zu helfen. Nachdem wir Gin als meine favorisierte Basis eruiert haben und ich gerne einen PAFs-typischen Klassiker hätte, bereitet er mir kurz darauf aus Tanqueray, frischer Minze, Zitronensaft, Zuckersirup und Soda einen Chinatown zu. „Schaut auf den ersten Blick ein bisschen aus wie Mundspülung, schmeckt aber wesentlich besser!“, beruhigt er mich schon mal, während er die grüne Mischung durch ein kleines Sieb in das mit Eis befüllte Glas laufen lässt, um die Minzblättchen abzufangen. Es hat etwas sehr Meditatives, die Zubereitung der verschiedenen Longdrinks und Cocktails zu beobachten. Ein bisschen Crushed Ice hier, eine Zitronenzeste da, shaken, abgießen – und zu guter Letzt auf den in der Theke integrierten Licht-Spot platzieren. Das macht was her und ich kann mir gut vorstellen, wie viele begeisterte Hobby-Blogger mit einem Foto davon ihren Instagram-Feed bereichert haben. Der Chinatown schmeckt säuerlich und frisch und ich befrage Andi nach den weiteren Favoriten des PAFs-Publikums. „Klassiker wie Mojito und Singapure Sling gehen natürlich immer, aber unsere Gäste sind offen für neue Kreationen. Deswegen haben wir auch immer einen Monatscocktail.“ Das ist so gesehen kein Alleinstellungsmerkmal, aber als ich mich mit einem der beiden Geschäftsführer unterhalte, wird mir klar, warum sich das PAFs seine Eigenkreationen großzügig auf die Fahne schreiben darf: „Wir haben einen Cold Drip Tower, mit dem wir Spirituosen selbst aromatisieren, wie beispielsweise einen Himbeer-Gurke-Gin oder einen Holunder-Wodka. Die Zeit nimmt sich heute kaum noch jemand!“, erzählt mir Peter und ich nehme mir vor, beim nächsten Besuch eine der hauseigenen Kreationen zu testen.

Bevor es eine neue Kreation auf die Karte schafft, muss ein Dutzend Mitarbeiter den Daumen heben und damit signalisieren: Passt. „Unsere Gäste schätzen Qualität und Auswahl“, betont Sandro, der seit einigen Jahren hinter der Theke des PAFs arbeitet und seit 1994 in der Gastronomie ein bisschen Erfahrung und Menschenkenntnis angehäuft haben dürfte. Wie erwartet treffe ich einen Kumpel und ehemaligen PAFs-Mitarbeiter, der seine Sicht auf das Lokal so umschreibt: „Das PAFs hat sich entwickelt und mit ihm die Gäste. Eine ganze Generation von Stammgästen ist mit dem Lokal gewachsen und auch erwachsen geworden.“ Weil zumindest gefühlt jeder Mitarbeiter hier auch vorher schon regelmäßig Gast war, entstand eine besondere Verbundenheit zum Lokal und dem Team. „Die Mitarbeiter sind aufeinander ein gespielt und man kann sich auf den anderen verlassen. Man hilft einander gerne, nicht nur aus Pflichtbewusstsein. Und obwohl ich hier nicht mehr arbeite, fühle ich mich als ehemaliger Mitarbeiter und Gast tief verwurzelt.“ Das ist ja fast schon eine Liebeserklärung.

Weil ich einerseits noch nicht heimgehen will und andererseits gehört habe, dass es in Pfaffenhofen samstags wieder Live-Musik gibt, esse ich noch schnell eine Kleinigkeit (man munkelt übrigens, dass das Barfood hier besser sei als das Essen in einigen Restaurants dieser Stadt). Quasi als Unterlage für die letzte Runde.

Das Pilspub 14/1 liegt ein Stück außerhalb des Zentrums, und während man in München für die nächste Kneipe gerne mal einen längeren Fußmarsch oder sogar eine Fahrt mit der Tram in Kauf nimmt, erwärmen wir Pfaffenhofener uns für längere Distanzen eher ungern.

Wir sind halt irgendwie doch Landeier geblieben. Vielleicht kommt es daher, dass mir sowohl das Lokal als auch das Angebot kostenloser Konzerte bisher unbekannt war. So betrachtet hat diese Erkundung des Pfaffenhofener Nachtlebens also auch einen Lerneffekt. Die Konzerte sind die Idee von Tina, die zusammen mit ihrem Mann Elias das Pilspub betreibt und den Bands nach der Schließung des Soundkellers eine neue Bühne geben wollte. Heute spielt die Band IronRose, eine Rock-Coverband aus München. Es hagelt Klassiker von Bon Jovi über Linkin Park, Nirvana und den Ärzten und die etwa zwanzig Leute auf der Tanzfläche zeigen sowohl tänzerisch als auch als unterstützender Chor vollen Einsatz. Der Großteil des Publikums ist Ü45, doch unter dem Publikum finden sich einige Jugendliche, die optisch eher der Metal-Szene zuzuordnen sind, aber an diesem Abend viel Begeisterung für die Münchener Band zeigen.

Auch hier möchte ich natürlich ein für den Laden typisches Getränk bestellen und bin gleichermaßen erstaunt und verunsichert, als mir Tina eine Goaßmaß empfiehlt. Es fällt mir schwer, dieses Getränk als bayrische „Spezialität“ zu bezeichnen, da die Mischung aus Cola, dunklem Bier und Kirschlikör eher meinem 16-jährigen Ich zugesagt hätte. Aber gut, für eine authentische Kneipenreportage muss man vielleicht auch Opfer bringen. Während ich auf die Goaß warte, für die der Begriff Longdrink wirklich angemessen wäre, unterhalte ich mich mit Ute und Dieter, die bereits im Soundkeller treue Konzertbesucher waren und wie viele andere mit umgezogen sind. Sie kennen sich untereinander, der harte Kern des Publikums ist noch derselbe. „Wir kommen gerne hierher, da man in Bands reinhören kann, die man noch nicht kennt. Es geht immer ein Hut herum, der Eintritt ist aber kostenlos!“, erzählt mir Ute. Mittlerweile ist meine Maß da, und während der erste Schluck einen weiteren Flash mit Jugenderinnerungen auslöst, beobachte ich die ausgelassene Stimmung der Band und ihrer Zuschauer. Schön zu sehen, dass Pfaffenhofens Musik-Freunde eine neue Anlaufstelle gefunden haben.

Kurz spiele ich mit dem Gedanken, noch in die Heimatliebe zu fahren, da ist an diesem Abend „90er-Party“.

Und nach den diversen Getränken würden vermutlich sogar mir „Barbie girl“, „Macarena“ und der Altersdurchschnitt (den ich nicht unerheblich nach oben reißen würde) nichts mehr ausmachen. Doch Reporterpflicht hin oder her – persönlich habe ich an Clubs und Discos eigentlich nie großen Gefallen gefunden. „Besser“ ist das nicht geworden mit den Jahren. Im Gegenteil. Am liebsten sitze ich an einer Theke, führe mit Fremden oder Freunden Gespräche über Sinn und Unsinn des Lebens und möchte mich nur mit dem Problem „Helles oder Gin Tonic oder heute doch nur ein Wasser?“ konfrontiert sehen. Das sind für mich die schönsten Erlebnisse des Nachtlebens, egal in welcher Stadt. Natürlich ist in Pfaffenhofen noch ein bisschen Luft nach oben und ein paar klassische Kneipen oder Discos mehr, wie es sie früher mit dem Schlumpf, dem Sigl oder dem verruchten Dipf (von dem der ältere Kollege mit nostalgisch verklärtem Blick berichtet) mal gab, würden die Kreisstadt auch nachts noch ein bisschen lebenswerter machen. Dafür bräuchte es motivierte Gastronomen mit vielleicht ungewöhnlichen Konzepten, Anwohner, die im Sommer Verständnis für ein wenig mehr südländische Lebensart im Freien aufbringen, und Gäste, die beides zu schätzen wissen. Und natürlich Barkeeper, die meinen Namen und mein Lieblingsgetränk kennen – von denen gibt es in Pfaffenhofen übrigens mehr als in Essen.