Dahoam und furt
Text: Christian Missy
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Ich habe in Bamberg studiert. Rund 2 Fahrtstunden mit dem Auto vom Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm entfernt. Meine Freunde in Bamberg kamen aus Bielefeld, Köln, Celle und Trier. Das Studium ist für sehr viele junge Erwachsene ein komplett neuer Lebensabschnitt. Mehr Eigenständigkeit und Selbstständigkeit, man kann sich mehr oder weniger aussuchen, ob man in die Vorlesung geht oder nicht und man stellt sich seinen Stundenplan selbst zusammen. Auffällig ist dennoch, dass es von meinen ehemaligen Schulkollegen nach dem Abitur nur wenige aus Bayern weggezogen hat. Klar, manche studieren jetzt in Berlin, andere in Tübingen – doch die große Masse hat sich dann doch für München oder Regensburg entschieden. Und dass, obwohl in den ersten Semestern unseres Studienlebens Bayern eines der wenigen Bundesländer mit Studiengebühren war. Der Grund dafür könnte relativ einfach sein: Man muss schlicht nicht wegziehen. In Bayern gibt es zahlreiche Universitäten, die einen guten Ruf haben. Und Pfaffenhofen liegt ziemlich in der Mitte davon. Nach München und Ingolstadt kommt man bequem mit dem Zug, Nürnberg, Passau und Augsburg erreicht man in einer stressfreien Autofahrt und selbst Bamberg und Bayreuth halten einen nicht davon ab, am Wochenende nach Hause zu kommen. Und wen es aus unterschiedlichen Gründen (NC) ins Nachbarland verschlägt, der findet in Innsbruck und Salzburg große Universitäten direkt an der Grenze.
Gute Universitäten gibt es in ganz Deutschland und schöne Städte auch. Doch auch wenn man nach dem Abitur nach dem großen Leben strebt, so ganz weit weg von der Heimat soll es dann für viele auch nicht gehen. Und so tritt der Fall ein, dass die Großzahl der Abiturienten zum Studium in Bayern bleibt und sich der Trend verstärkt, dass Bayern Zuzugsland ist. Auch nach dem Studium ist die Wahrscheinlichkeit hoch zwischen Nürnberg und München einen Job zu finden – warum nicht also schon neben der akademischen Ausbildung hier Kontakte knüpfen und erste Berufserfahrungen über Praktika oder Nebenjobs sammeln.
Für viele meiner Freunde aus Schulzeiten und mich war das der perfekte Mix: Studium in einer bayerischen Stadt, ausziehen, neue Leute kennenlernen – und trotzdem den Kontakt zu den alten Freunden nicht verlieren. Man nimmt beide Vorteile mit. Man kann das, was einem im Heimatort gefällt weiterhin wahrnehmen und beispielsweise im Sportverein aktiv bleiben und hält sich gleichzeitig die Optionen offen, am Studienort Aktivitäten zu starten. Unterm Semester alleine leben in einer großen (bis mittelgroßen) Stadt, dann Prüfungsphase und dann wieder bei den Eltern sich zwei Monate nicht überlegen müssen, wie man die Fertigpizza finanziert.
Irgendwann kommt man aber im Studium vielleicht dann doch an den Punkt, an dem man den Wunsch verspürt „mal ganz weg zu sein“. Das Auslandsstudium kommt da wie gerufen.
Früher war das nicht so einfach und es daher auch nicht üblich, im Ausland zu studieren. Die Generation Babyboomer schickte nur wenige Studenten über die Grenze. Sowohl die europäischen Länder als auch die Universitäten waren lange nicht so vernetzt wie heute. „Früher“ war es wenigen Studenten vorbehalten andere Länder kennenzulernen – entweder mit den nötigen finanziellen Mitteln ausgestattet zu sein oder außergewöhnlich gute Noten waren die Voraussetzungen. Heute ist das anders. Über 35.000 deutsche Studenten nehmen jährlich das Erasmus-Angebot an und studieren im europäischen Ausland. Bayerische Universitäten haben Partner-Unis in nahezu allen europäischen Ländern und auch auf anderen Kontinenten. Das jeweilige Auslandsamt stellt den Kontakt zur ausländischen Universität her – auf den Studenten wartet zwar viel Bürokratie, letztendlich muss er sich aber nach erfolgreicher Bewerbung nur um Flug und Unterkunft kümmern. Und auch da helfen die Universitäten weiter.
Die Zahl der Studenten, die im Ausland studieren, wächst – folglich zieht es auch immer mehr junge Erwachsene aus Pfaffenhofen in die Länder dieser Erde. Für mich selbst bildete Bamberg nur eine Etappe auf dem Weg nach Norden – später dann studierte ich eine Zeitlang an einer Universität in Falun/Schweden.
Im Heft 12 von Quer 19 schreibt Christian Missy über sich selbst und zwei Kommilitonen, die es im Studium ebenfalls in ferne Länder gezogen hat. Richard Kienberger hat sich mit weiteren drei Auslandsstudentinnen über ihre Beweggründe und Erfahrungen in der Fremde unterhalten.